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  • „Kein Cent für den Krieg! … das ist für mich als Gewerkschafterin besonders wichtig!“

    „Kein Cent für den Krieg! … das ist für mich als Gewerkschafterin besonders wichtig!“

    Veranstaltung in Köln zur Vorstellung und Diskussion des europäischen Aufrufs

    Rund 50 Personen besuchten am 1. Juli – trotz einer extremen Hitze von 37° – das Kölner Bürgerzentrum Ehrenfeld. Dort fand eine Veranstaltung statt, um den europäischen Aufruf „Keinen Cent, keine Waffe und kein Leben für den Krieg!“ vorzustellen. Viele ihnen kamen von unterschiedlichen Initiativen oder Gruppierungen. Sie waren über die Verteiler von Was-Tun?!, des BSW-Unterstützerkreises, des Friedensforums oder  der Palästina-Koordination auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht worden. Viele haben in den letzten Wochen und Monaten Aktionen mit organisiert. Dazu gehörte zuletzt die Teilnahme an der bundesweiten Kundgebung gegen den Völkermord in Gaza am 14. und 21. Juni in Berlin oder auch die Delegation am 19.06. zum Auswärtigen Amt zur Übergabe der Unterschriften mit der Forderung nach der Freilassung des palästinensischen Arztes Dr. Abu Safiya. Der europäische Aufruf hat hellhörig gemacht. Das Interesse war sichtbar, mehr über den Aufruf, seine Unterstützer und auch über den Kampf in den anderen europäischen Ländern über den Kampf gegen den Krieg zu hören. Eingeladen zu der Versammlung hatten Unterzeichner des Aufrufs.

    Zu Beginn gab Andrej Hunko, ehem. Bundestagsabgeordneter des BSW und selbst einer der Erstunterzeichner, einen Überblick über den Unterzeichnerkreis. Er schickte voraus, dass es sich aus seiner Sicht wirklich um einen bemerkenswerten Aufruf handeln würde.Er fände die richtigen Worte und richte sich gegen die Aufrüstung gegen Russland und gegen den Völkermord in Gaza: 

    „Ich kenne selbst einige der Unterzeichner persönlich: So etwa Marc Botenga, belgischer Europaabgeordneter und Mitglied der belgischen Arbeitspartei PTB, die eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung gegen den Völkermord gespielt hat.“ Er verwies darauf, dass auch der Generalsekretär der PTB, Peter Mertens, unterschrieben hat. Andrej hob noch andere Unterzeichner hervor, so etwas die LFI-Abgeordnete Sophia Chikirou, die als eine enge Vertraute des Mitbegründers von La France insoumise, Mélenchon, gilt. Er nannte weiter: Jeremy Corbyn, den ehemaligen Vorsitzenden der britischen Labour-Partei, der von den heutigen Kriegstreibern an der Spitze von Labour im Rahmen einer Antisemitismus-Kampagne aus dem Amt gedrängt wurde. „Ich will hier auch noch auf zwei Unterzeichner aus Griechenland hinweisen: Das ist einmal der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, der als einer der Gegner der Politik der Troika (EU, IWF, EZB) gegen Griechenland international bekannt ist, sowie Zoi Konstantopoulo, Vorsitzende der  Partei Plefsi Eleftherias , die ebenfalls aus Widerstand in der Linken gegen die Politik der Troika entstanden ist.“

    Dr. Khaled Hamad, der Vorsitzende der Palästinensischen Gemeinde in Deutschland, der wie Andrej Hunko zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs gehört, sagte, dass er den Aufruf gegen den Krieg unterschrieben habe, weil der Nahe Osten unendlich unter dem Krieg gelitten hat. Er ging darauf ein, dass es keine Zersplitterung in 22 Staaten ohne diese Kriege und das Eingreifen der Großmächte gäbe. Alle Völker, die sich irgendwie quer gegen die Interessen des Imperialismus stellen würden, müssten den Krieg fürchten und allen würde das Schicksal der Palästinenser drohen.

    In der anschließenden Diskussion wurde von einer Reihe von Kolleginnen und Kollegen das sich immer weiter verschärfende gesellschaftliche Klima und die Angriffe auf die Demokratie aufgegriffen. Sabine, Personalrätin, verwies darauf, dass diese Entwicklung mit Corona begonnen und unter dem Krieg immer weiter verschärft habe. Jürgen, ein anderen Teilnehmer, sprach über die Rolle der Medien, die diese Politik abdeckten. Einige Teilnehmer prangerten an, dass in Deutschland ein regelrechte Russophobie angeheizt würde, um damit die milliardenschwere Aufrüstung zu begründen. Das sei eine Besorgnis erregende Entwicklung! „Gegen diese Spaltung“, meinte Imdat, „müssen wir aufzeigen, um welche Interessen es bei dem Krieg geht. Der Krieg, das ist der Klassenkampf von oben, er richtet sich gegen alle Arbeitnehmer und Jugendlichen.“ Das unterstrich auch Ellen als Gewerkschafterin und verwies darauf, dass Milliarden in den Krieg fließen aber die Erhöhung des Mindestlohns wirklich lächerlich sei. 

    Eine Reihe von Beiträgen beschäftigten sich mit der Frage, wie die Mobilisierung in Deutschland noch verstärkt werden kann. In Deutschland gäbe es das Problem der Spaltung in eine „Sozial“- und eine „Kulturbewegung“, meinte Nash, „man müssen den Gewerkschaften vor’s Bein treten, damit sie endlich etwas unternähmen“. Für Julian, GEW-Mitglied, ist der Europäische Aufruf wichtig, weil er in das Bewusstsein zurückruft, dass es die Arbeiterklasse ist, die den Krieg stoppen kann. Die Gesetze gegen die Migranten, wie jetzt die Einschränkung des Familiennachzugs durch die Merz-Regierung, haben das Ziel, die Arbeiterklasse zu spalten. Auf den Druck der Gewerkschaftsbasis auf die Verantwortlichen ging Eva ein. „Ich habe bei dem Nato-Gegengipfel in Den Haag eine Gewerkschafterin aus den Niederlanden gehört, die berichtete, dass sie 500 Jugendliche für die Gewerkschaft gewonnen hat, die gegen den Völkermord mobilisieren wollen. Aber ihre Gewerkschaftschefs waren nicht sehr über die Neumitglieder erfreut. Wir haben hier auch im letzten Tarifkampf bei einer Streikversammlung Unterschriften gegen die Aufhebung der Schuldenbremse für die Aufrüstung gesammelt und sie unmittelbar während  der Streikkundgebung an Sylvia Bühler übergeben. Die sagte aber dazu, dass sie die Grundgesetzänderung und das Infrastrukturprogramm begrüßen würde. Für mich als Gewerkschafterin ist sehr wichtig, dass es in der Überschrift des europäischen Aufrufs heißt ‚Keinen Cent für den Krieg‘. Denn das heißt, Gewerkschaften können nicht mit eine Regierung unterstützen, die den Krieg finanziert!“ 

    Als eine wichtige Perspektive sahen es am Ende alle Teilnehmer an, dass es Anfang Oktober eine große Versammlung zur Unterstützung des europäischen Aufrufs geben soll, mit der Kontakt untereinander in Europa weiter gestärkt werden soll.

    Henning Frey

    Erschienen in: „Soziale Politik & Demokratie“ Nr. 532